Trotz der überwiegend warmgemäßigten Klimazone gibt es in Europa eine Vielzahl verschiedener Lebensräume. Lebensraumzerstörung, fehlende Korridore, Umweltverschmutzung und Wilderei sind zentrale Probleme für die Artenschutzarbeit in Europa.
Wiederansiedelung des Waldrapps in seinem natürlichem Lebensraum den Alpen
Bei der Wiederansiedelung des Waldrapps, einer der weltweit am stärksten bedrohten Vogelarten, unterstützt Hellabrunn das Waldrappteam. Es ist eines der größten europäischen Artenschutzprojekte und dazu auch noch erfolgreich! Ziel des Projekts ist es wieder eine ziehende und somit selbständige Waldrapp-Population im Alpenraum aufzubauen.
Der bekannte Unbekannte
Vor dem 17. Jahrhundert war der Waldrapp in Mitteleuropa, insbesondere im Alpenraum, ein bekannter Vogel. Unglücklicherweise galten die Küken als Delikatesse und wurden so stark gejagt, dass die Art in Mitteleuropa vollkommen ausgerottet wurde. Lange Zeit gab es, mit Ausnahme einiger Gruppen in menschlicher Obhut, nur noch eine sesshafte Population in Marokko und eine kleine ziehende Population im Nahen Osten. Seit Anfang des 21. Jahrhundert arbeitet das Waldrappteam daran einen Lebensraum in Europa für den Zugvogel zu schaffen. Die Europäische Union sieht dieses Projekt ebenfalls als wichtig an und fördert es im Rahmen des Life+ Förderprogrammes zum wiederholten Mal.
Aufbau einer ziehenden Population – wie geht das?
Manche Zugvögel, wie der Waldrapp, erlernen den Weg in ihr Wintergebiet, indem sie ihn das erste Mal gemeinsam mit den Elternvögeln zurücklegen Um eine selbständige Population aufzubauen reicht deshalb eine einfache Auswilderung nicht. Der Weg Richtung Winterquartier muss den ausgewilderten Waldrappen gezeigt werden. Das geht so:
- In Zoos geschlüpfte Küken werden von Hand aufgezogen und auf eine menschliche Bezugsperson geprägt.
- Sobald die Jungvögel fliegen können, werden sie an Ultraleichtflugzeuge gewöhnt, die sie bei ihren Flügen begleiten.
- Die Bezugsperson fliegt im Herbst im Ultraleichtflugzeug Richtung Süden. Die Jungvögel folgen ihr und erlernen so die Route.
- Auf der erlernten Route kehren die geschlechtsreifen Vögel zurück in ihr Brutgebiet. Mit ihrem Wissen können sie dann Anfang Herbst ihre Jungen selbständig in das Wintergebiet navigieren.
Erste und zukünftige Erfolge
2007 flog das Waldrappteam das erste Mal erfolgreich mittels Ultraleichtflugzeug über die Alpen nach Italien. 4 Jahre später kehrten die ersten Vögel eigenständig zurück zum Startpunkt - Burghausen. Es dauerte noch ein paar Jahre länger, bis sich hier stetig die erste selbstständige Brutkolonie Europas seit 400 Jahren etablierte. Ein riesen Erfolg für das Projekt und die Vögel. Es wird derzeit daran gearbeitet weitere eigenständig ziehende Populationen im Alpenraum aufzubauen. Die neuen Projektregionen sind in Überlingen, Rosegg, Goldau, Bussolengo und Kuchl.
Neben der Wiederansiedlung bemüht sich das Waldrappteam die illegale Jagd auf die Vögel einzudämmen. Dies erfolgt durch ein Monitoring bei dem einzelne Vögel mit GPS-Trackern ausgestattet werden. Ebenfalls wichtig ist die Öffentlichkeitsarbeit in enger Verbindung mit italienischen Jagdverbänden.
Allacher Heide: Landschaftspflege in München
Der LBV München (Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern e.V.) engagiert sich im Arten- und Biotopschutz im Großraum München. Dabei steht nicht nur der unmittelbare Schutz von Tierarten im Vordergrund: Der Verband hat sich zur Aufgabe gemacht, Begeisterung zu wecken und engagiert sich auch in der Umweltbildung. Hellabrunn unterstützt den LBV München regelmäßig finanziell beim Flächenschutz in der Allacher Heide.
Schutz der Biodiversität am Stadtrand
Mitten in München, ganz in der Nähe des Rangierbahnhofs, liegt ein bedeutender Hotspot der Biodiversität in München: die Allacher Heide. Als kleiner Rest eines ursprünglich viel größeren Heidekomplexes im Münchner Norden bietet sie auch heute noch typischen Heidearten ein Refugium. Hier pflegt der LBV bereits seit 2004 die Offenlandbereiche nach einem an die Bedürfnisse der Tiere und Pflanzen angepassten Konzept mit der tatkräftigen Unterstützung zahlreicher Ehrenamtlichen aus München.
Wie schützt bzw. pflegt man eine Heidefläche?
Das ist keine einfach zu beantwortende Frage. Lässt man eine Heide komplett wild, verholzt sie mit der Zeit. Früher haben große Weidegänger, wie Auerochse oder Wisent, und später Nutztiere wie Schafe und Ziegen Heideflächen frei gehalten. Heute macht das in der Allacher Heide der LBV. Hierbei ist eine Mischung aus Pflege und „wild-lassen“ wichtig. So werden zum Beispiel bestimmte Flächen gemäht, um eine Streufilzauflage (Geflecht aus abgestorben Gräsern und Blumen, die das Heranwachsen neuer Pflanzen hindert) zu vermeiden. Oder aber es werden Fremdarten wie zum Beispiel das Orientalische Zackenschötchen (Bunias orientalis), ein starker Konkurrent für viele andere Arten, dem Ökosystem entnommen.
Besondere und seltene Arten
Die Fläche wird regelmäßig von Expert*innen kartiert, das bedeutet jeder Quadratmeter wird alle 2-3 Jahre genau auf das Artenvorkommen untersucht. Dadurch kann der LBV feststellen, ob die Pflegemaßnahmen förderlich sind, oder noch an Stellen optimiert werden sollten. So wird zum Beispiel regelmäßig die Blauflügel Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens) gefunden, eine in Bayer stark gefährdete Heuschreckenart. Der Idas-Bläuling (Plebejus idas) eine weiter in Bayern stark gefährdete Art, kommt ebenfalls in der Allacher Heide vor. So kommen in der Allacher Heide eine Vielzahl an Kleearten und für die Schmetterlinge überlebenswichtige Ameisen vor.