Kritik an Zoos nehmen wir ernst!
Zoos haben eine jahrhundertelange Tradition, in der sie viele gesellschaftliche Veränderungen erlebt und auch selbst mit ausgelöst haben. Das heutige Verständnis für Tier- und Umweltschutz in Deutschland ist entscheidend durch die Bildungsarbeit der Zoos und Tierparks geprägt worden. Umgekehrt haben die gesellschaftlichen Veränderungen auch immer wieder den Status quo der Zoos in Frage gestellt und zur Weiterentwicklung der zoologischen Gärten in Deutschland geführt.
Deshalb begrüßen wir eine sachliche und konstruktive Kritik an Zoos und insbesondere an Hellabrunn! Häufig werden Zoos jedoch sehr unsachlich kritisiert und mit Vorwürfen konfrontiert, die unberechtigt sind. Diese Kritik wird von einzelnen Vereinigungen mit meist undurchsichtigen Interessen ausgegeben und dann aus Unwissenheit wiederholt und weitergetragen.
Diese falschen Argumente greifen wir auf und nehmen dazu sachlich Stellung.
Im Zoo geborene Tiere können ausgewildert werden. Damit dies erfolgreich gelingt, gilt es richtig vorzugehen, da nicht jede Tierart unvorbereitet in die Natur entlassen werden kann. Auch die Zerstörung der Lebensräume von bestimmten Arten erschwert zum Teil die Umsetzung dieser Projekte.
Mit adäquaten Auswilderungsprogrammen ist es jedoch sehr wohl möglich, Tiere aus menschlicher Obhut auf das Leben in der Wildnis vorzubereiten.
Beispiele für erfolgreiche Projekte sind die Auswilderungen von Mhorrgazelle und Alpensteinbock. Beide Tierarten waren in der Natur so gut wie ausgestorben. So geht die heutige Population an Mhorrgazellen auf nur 12 Gründertiere zurück. Dank der Nachzucht in wissenschaftlich geführten Zoos konnte wieder eine stabile Population aufgebaut werden, deren Erfolg in der Auswilderung dieser Tiere mündete. Erfolgreiche Auswilderungsprojekte für Luchse oder auch für in Indonesien beschlagnahmte Orang-Utans zeigen, dass auch Raubkatzen und selbst Menschenaffen erfolgreich wieder an ein Leben in der Natur gewöhnt werden können.
Zoos haben also bereits das Aussterben von Tierarten verhindert. Für eine Auswilderung ist jedoch neben den Tieren eine weitere Komponente unerlässlich: der Lebensraum.
Solange bedrohte Tierarten keinen sicheren Lebensraum in ihrer Heimat vorfinden, wird ihre Zahl weiter zurückgehen. Eine Auswilderung kommt erst in Frage, wenn ein ausreichend großes Habitat zur Verfügung steht. Bis dahin sichern Zoos den Bestand bedrohter Tierarten und unterstützen Naturschutzprojekte vor Ort. Aktuell betreiben Zoos bei einigen Tierarten eine Geburtenkontrolle, doch sobald es wieder sichere und geeignete Habitate gibt, sind die weltweit vernetzten, wissenschaftlich geführten Zoos in der Lage, sehr schnell eine verstärkte Zucht für Auswilderungsprojekte aufzunehmen.
Da Zootiere heutzutage nicht mehr der Natur entnommen, sondern bereits im Zoo geboren werden, ist die Größe des Genpools natürlich begrenzt. Um Inzucht zu vermeiden, gibt es Zuchtbuchkoordinatoren, die europa- oder sogar weltweit die Zucht einer bestimmten Tierart organisieren. Sie legen fest, welche Tiere miteinander verpaart werden und sorgen durch regelmäßigen Austausch der Zuchtpartner dafür, dass diese nicht zu nah miteinander verwandt sind. Nur so ist die Entwicklung einer gesunden Zoopopulation gegeben.
Gut ausgebildete Instinkte sichern wildlebenden Tieren das Überleben. Deshalb können sich vor allem jene Tiere erfolgreich fortpflanzen, deren Instinkte gut ausgebildet sind.
Nichtsdestotrotz sind die meisten Instinkte angeboren und müssen nicht erst erlernt werden. Demzufolge sind sie auch ohne tägliche Reizung vorhanden.
Ein Fluchttier, wie zum Beispiel ein Zebra, mag sich zwar an seinen Tierpfleger gewöhnen, der jeden Tag mit ihm umgeht. Dennoch würde sein Fluchtinstinkt es vor einer unbekannten Person direkt Reißaus nehmen lassen.
Um dieses natürliche Verhalten zu schützen, verzichten wissenschaftlich geführte Zoos zunehmend darauf, Jungtiere, die von ihrer Mutter nicht angenommen wurden, mit der Hand großzuziehen. Dies würde nämlich zu einer Fehlprägung und damit einem Fehlverhalten führen, da der Mensch niemals einen Artgenossen ersetzen kann.
Die begrenzten Anlagen im Tierpark scheinen – verglichen mit der Natur recht klein zu sein. In Dokumentationen staunt man über kilometerlange Wanderungen, die einige Tierarten auf der Suche nach Nahrung, Fortpflanzungspartnern oder einem neuen Revier auf sich nehmen.
Dies ist in Zoos nicht möglich. Um das zu bewerten, müssen allerdings die Ursachen dieses Verhaltens betrachtet werden. Dass ein Tier sich bewegt, dient zum größten Teil dem Zweck, Nahrung zu finden und diese aufzunehmen. Im Zoo ist die Nahrungszufuhr gesichert. Auch der Fortpflanzungspartner befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft. Sieht man sich die Anatomie und Physiologie der Tiere an, lässt sich erkennen, dass Tiere großartige Energiesparer sind. Alle Körperfunktionen sind darauf ausgelegt, so wenig Energie wie möglich zu verbrauchen und so die Menge an benötigter Nahrung gering zu halten. Für Zootiere gibt es – genau wie für Wildtiere – keinen Grund, mehr Energie zu verbrauchen als nötig. Also bewegen sie sich nur so viel, wie notwendig ist. Ein Bedürfnis, hunderte Kilometer auf der Suche nach Nahrung zurückzulegen, haben zum Beispiel Eisbären nicht. Vielmehr ist es die Aufgabe der Tierpfleger, den Tieren die Nahrungsaufnahme nicht zu leicht zu machen. So lassen sie sich immer neue Ideen einfallen, um die Nahrungssuche zu simulieren. Dazu gehört beispielsweise das Verteilen des Futters über die gesamte Anlage, damit die Tiere im wahrsten Sinne des Wortes auf Nahrungssuche gehen müssen. Heu kann in Netzen oder Röhren versteckt werden, damit sich die Tiere geschickt anstellen müssen, um an das Essen zu gelangen. Diese kleinen Spielereien sind nötig, um die Tiere geistig und körperlich zu fordern. Dennoch bleiben sie ihrem Energiesparprinzip treu. Sobald sie genug Nahrung aufgenommen haben, werden sie sich nicht mehr als nötig bewegen.
Das Halten von Tieren, die aktuell nicht bedroht sind, hilft beim Populationserhalt bedrohter Tierarten zunächst einmal nicht. Der Tierpark Hellabrunn hat dies erkannt und entschieden, bei der Umsetzung des Masterplans das Hauptaugenmerk auf bedrohte Tierarten zu legen. Dies heißt in der Konsequenz auch, die Haltung nicht-bedrohter Tierarten aufzugeben, um stattdessen eine bedrohte(re) Tierart zu halten.
Neben dem reinen Artenerhalt haben Zoos und insbesondere Hellabrunn jedoch auch einen wichtigen Bildungsauftrag. Dieser sieht vor, die Zoobesucher*innen für die Vielfalt des Lebens zu begeistern und ihnen aufzuzeigen, wie viele faszinierende Lebewesen unsere Welt bevölkern, die zu schützen es wert sind. So sind die einzelnen Arten Botschafter für die Vielfalt der Tierwelt mit ganz unterschiedlichen Spezialisierungen und Rollen im Ökosystem. Es ist erwiesen, dass Menschen eher bestrebt sind, sich für den Schutz von Natur und Tieren einzusetzen, wenn sie tiefgehende emotionale Erfahrungen mit den zu schützenden Arten gesammelt haben. Hier kommen dann auch Tierarten ins Spiel, die zwar nicht hochgradig bedroht sind, aber dafür viele Menschen begeistern, wie beispielsweise Löwen. Sie sind sogenannte Leuchtturm-Tierarten, deren Schutz gleichzeitig den Lebensraum für andere Tierarten schützt die unscheinbarer sind als der „König der Tiere“. Häufig haben Kinder und Jugendliche durch ein Leben in Städten den Bezug zur Natur nahezu vollständig verloren. Ein renommierter Zoo ist damit für die Stadtbevölkerung eines der wenigen noch bestehenden „Fenster“ zur Tier- und Pflanzenwelt.
Daneben vermitteln moderne Zoos mit ausgewählten Tierarten auch weitere, wichtige Informationen über die Tierwelt: So können Besucher*innen zum Beispiel mehr über tiergerechte Haustierhaltung und die Entwicklungsgeschichte vom Wildtier über das Nutztier zum Haustier erfahren. Es werden vom Aussterben bedrohte Nutztierarten sowie deren Ursachen und Auswirkungen erläutert. Auch die Problematik invasiver Arten kann an einzelnen Beispielen sehr viel besser und anschaulicher als in einem Lehrbuch erklärt werden.
Die Tiere im Zoo leben in ihren Anlagen. Vor allem bei potenziell gefährlichen Tieren ist es maßgeblich, dass sie ihre Anlage nicht ohne Weiteres verlassen können. Dabei von einem Gefängnis zu sprechen, bedeutet, einen menschlichen Freiheitsbegriff auf die Tierwelt zu übertragen. Tiere sind es gewohnt, in ihren Revieren zu leben und verlassen angestammte Bereiche nur unter Zwang, wie zum Beispiel zur Futter- und Partnersuche, oder wenn sie von ranghöheren Tieren vertrieben werden. Dabei bemisst sich ihre Reviergröße daran, dass all ihre Bedürfnisse, insbesondere ausreichend Futter sowie Geschlechtspartner, dort vorhanden sind.
Deshalb ist die Einrichtung der Tieranlagen so gewählt, dass die Tiere sich wohlfühlen, ihre Bedürfnisse erfüllt sind und sie ihre Anlage als ihr Revier annehmen. So haben sie keinen Grund, diese zu verlassen. Bei für den Menschen ungefährlichen Tieren hat die Vergangenheit gezeigt, dass die Tiere ihre Anlagenbegrenzung in vielen Fällen sogar überwinden könnten. Sie tun es aber nicht. Wenn ein Territorium die Grundbedürfnisse wie ausreichend Nahrung, verfügbare Fortpflanzungspartner und vieles mehr abdeckt, gibt es für die Tiere keinen Grund, ihr sicheres Revier zu verlassen.
Die laufenden Kosten für Haltung, Personal, Futter etc. finanziert der Tierpark Hellabrunn aus den Eintrittsgeldern. Von der Stadt München erhält der Tierpark einen Zuschuss je Besucher. Für größere Bauprojekte werden Zuschüsse bei der Stadt München beantragt, die denselben Bewilligungsverfahren unterliegen, wie sie auch für andere Institutionen des Kultur- und Bilungsbereichs gelten.
Der Gedanke, dass eine geringere Belastung des kommunalen Kulturetats bei Schließung des Zoos im Umkehrschluss zum Schutz des Lebensraumes in fernen Ländern führen würde, ist naiv. Umgekehrt werden allein in Hellabrunn jährlich über zwei Millionen Besucher für Tiere und deren Anliegen begeistert.
Damit sind Zoos Bindeglieder zwischen Menschen und der weltweiten Tierwelt. Insbesondere dank der Aufklärungsarbeit der Zoos konnte sich der Tier- und Naturschutz in Deutschland in den letzten Jahrzehnten so positiv entwickeln.
Außerdem kooperieren Zoos mit einer Vielzahl von Artenschutzprojekten in den verschiedensten Lebensräumen. Natur- und Artenschutzprojekte werden so bei den Besucher*innen bekannt gemacht, es werden Spenden für die Projekte eingeworben und es findet ein stetiger Wissensaustausch zwischen den Zoos und den Projektmitarbeiter*innen statt.
Gute Dokumentationen vermitteln eine Menge Wissen über heimische und exotische Lebensräume und ihre Bewohner. Nachgewiesenermaßen berührt eine Dokumentation den Zuschauenden aber nicht so sehr wie ein Erleben der Tiere in live. Dafür werden beim Fernsehen schlicht zu wenige Sinne angesprochen.
Bekannte Tierschützer*innen fingen an, sich stark für den Schutz einer bestimmten Tierart einzusetzen, nachdem sie eine Zeit lang in engem Kontakt zu dieser Tierart standen. So haben zum Beispiel verschiedene Wissenschaftler zusammen mit Primaten gelebt, um das Verhalten dieser Tiere zu erforschen.
Diese einmalige Erfahrung kann jedoch nicht jeder Mensch machen. Ein Kontakt zu Tieren in ihrer Heimat ist weder für jedermann erschwinglich, noch ist es dem Schutz der Natur vor Ort zuträglich, wenn Tourist*innen in Strömen anreisen würden. Dies würde die Lebensräume der Tiere so stark belasten, dass diese innerhalb kürzester Zeit zerstört wären. Gleichzeitig würden die Umweltverschmutzung vor Ort und der CO2-Ausstoß um ein Vielfaches zunehmen.
Zoos bieten jährlich Millionen von Menschen die Möglichkeit, mit Tieren auf Tuchfühlung zu gehen und tun ihr Möglichstes, um diese Menschen für den Erhalt ihrer Schützlinge zu begeistern.
Die Tierpark Hellabrunn AG veröffentlicht jährlich einen Geschäftsbericht. Dieser beinhaltet neben einer Zusammenfassung der Zoogeschehnisse des Vorjahres sehr detailliert sämtliche Ein- und Ausgaben sowie eine genaue Auflistung des gesamten Tierbestands mit seinen Veränderungen über das vergangene Jahr. Darüber hinaus wird im redaktionellen Teil über die wichtigsten Geburten, Zu- und Abgänge, Todesfälle und tierärztlichen Behandlungen informiert. Der Geschäftsbericht ist transparent und für jeden öffentlich einsehbar.
In den ersten Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts starben viele Zootiere sehr schnell nach ihrer Ankunft in den Zoos oder bereits beim Transport. Dies ist jedoch schon seit einigen Jahrzehnten nicht mehr der Fall: Die heutige Lebenserwartung von nahezu allen in Zoos gepflegten Tieren ist in menschlicher Obhut zumindest gleich, in den meisten Fällen sogar deutlich höher als die Lebenserwartung ihrer wildlebenden Artgenossen.
Die Jungtiersterblichkeit ist gerade bei Erstgeburten relativ hoch. Dies ist in der Regel auf die Unerfahrenheit des Muttertiers zurückzuführen. So werden viele Jungtiere von ihrer Mutter nicht angenommen oder nicht so umfassend versorgt, als dass sie gesund aufwachsen könnten.
Dies ist im natürlichen Lebensraum genauso gewöhnlich wie im Zoo. Bei der zweiten Geburt liegt die Rate der gesund aufgezogenen Jungtiere schon signifikant höher. Dies zeigt, dass die Zootiere, wie ihre Verwandten im natürlichen Lebensraum, durch eigene Erfahrung lernen.
Ursprünglich stammen alle Zootiere von Wildfängen ab. Die heutigen Tierpopulationen in Zoos sind dagegen selbsterhaltend, sodass keine Entnahmen aus der Natur mehr nötig sind. Vielmehr betreiben Zoos heute eine Geburtenkontrolle, da nicht ausreichend Haltungsmöglichkeiten bestehen, um Nachzuchten tiergerecht unterzubringen.
Grundsätzlich sind die Zoos heute in der Lage, Tiere für Auswilderungsprojekte zur Verfügung zu stellen, sollte es geeignete Habitate hierfür geben.
Wir wollen Anwälte der Tiere sein, die wir als Botschafter für Arten- und Lebensraumschutz sehen. Wir wollen diese einzigartige Wunderwelt, in der wir leben, zeigen und gleichzeitig darauf hinweisen, dass sie gerade dabei ist, vor unseren Augen zu verschwinden.
Aber: Damit der Münchner Tierpark Hellabrunn diese Aufgabe erfolgreich erfüllen kann, brauchen wir Sie. Denn was der Tierpark ist und was er nicht ist, hängt davon ab, was Sie daraus machen. Wir können nur informieren und Angebote machen. Wir haben die Hoffnung, dass Sie den Ball aufnehmen und sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten für das gemeinsame Ziel, den Erhalt der Lebensräume dieser Welt, einsetzen.
Nein, sie fühlen sich nicht gestört. Die Tiere sind tägliche Besucher an den Anlagen gewohnt, haben jedoch auch jederzeit die Möglichkeit, sich aus dem Blickfeld der Besucher, und bei Bedarf aus auch dem ihrer Artgenossen, zurückzuziehen.