Ein überproportional großer Kopf, gelbe Augen und dicht befiederte Füße: Raufußkäuze sehen auf den ersten Blick ein bisschen skurril aus.
Die gut amselgroßen Raufußkäuze sind ab jetzt zu zweit in der Kulturfolger-Voliere im Tierpark zu sehen. Ihr Gesang, bestehend aus vier bis zehn leise beginnenden und lauter werdenden Pfeiftönen, macht die Tiere zu sehr stimmfreudigen Eulen. Die Tiere gelten nicht als gefährdet, haben aber immer größere Probleme, geeignete Nistplätze zu finden. Das Rau im Namen hat nichts mit der Beschaffenheit des Gefieders oder der Stimmlage der Tiere zu tun: „Rau“ ist ein veralteter Begriff für Pelz und beschreibt die dicht befiederten Füße der Vögel. Das helle Gesichtsfeld der Tiere wird von zwei dunklen Strichen zu beiden Seiten des Schnabels eingerahmt. Das Gefieder an der Oberseite ist von schokoladenbrauner Farbe und mit hellen, perlenartigen Tupfen gesprenkelt. Braune Flecken und verwaschene Längsstreifen sind charakteristisch für die graue Unterseite der Vögel. Die nachtaktiven Tiere orten ihre Beute bei völliger Dunkelheit akustisch und schlagen diese kraftvoll am Boden. Besucherinnen und Besucher können die Tiere tagsüber auf den Ästen bzw. den Baumteilen der Anlage entdecken. Raufußkäuze dösen oft – zumeist eng an den Baumstamm gelehnt.
Lebensraum und benötigte Schwarzspecht-Höhlen in Wäldern
Der Raufußkauz besiedelt meist ausgedehnte Nadelwaldgebiete und ist vor allem in Mischwäldern der Bergregionen beheimatet. Er nutzt alte Schwarzspecht-Höhlen, um dort zu brüten. Für ihn optimale Bedingungen findet er in Mischwäldern und dort, wo Wälder ein strukturreiches Lebensraumangebot bestehend aus Altholzinseln, aufgeforsteten Bäumen, Schlagflächen, Wiesen und auch Schneisen aufweisen. Aber auch Laubwälder bieten den passenden Lebensraum, wenn sie ausreichend Freiflächen für die nächtliche Jagd und Dickicht für den Schutz vor Feinden bieten. Die Gründe für Bestandsrückgänge der Raufußkauz-Populationen sind vor allem die Verluste von Habiten. Vor allem wald- und straßenbauliche Maßnahmen wie Kahlschläge, der Verlust von höhlenreichen Baumbeständen und Wegebau durch Wälder verringern Lebensraum-Angebote.
Rasem Baban, Vorstand und Tierparkdirektor hat ein paar Tipps für alle, die die kleinen Vögel gern in der Voliere beobachten wollen: „Beim Raufußkauz ist ein bisschen Geduld gefragt, wenn man die Tiere entdecken möchte. Die Vögel verschwinden tagsüber aufgrund ihrer Gefiederfärbung fast zwischen den Zweigen und werden erst in der Dämmerung bzw. der Nacht aktiv. Daher ein Tipp von uns: nicht mit den Augen, sondern den Ohren suchen. Die Tiere haben einen übertönenden Gesang, der vor allem im Spätwinter oder Vorfrühling deutlich zu hören ist. Unsere Besucherinnen und Besucher sollten also ein bisschen Zeit mitbringen, es lohnt sich auf jeden Fall“, so Baban weiter.
Kurator und Zoologischer Leiter im Tierpark Carsten Zehrer freut sich über das neue Paar: „Derzeit leben etwa 2500 Brutpaare in Deutschland, die aber durch den Mangel an passendem Lebensraum bedroht sind. Mit unseren Tieren möchten wir auf die Situation der Vögel aufmerksam machen. Denn nicht nur die fehlenden, natürlichen Höhlen setzen dem Bestand zu, auch der Rückgang von Kleinsäugern und kleinen Vögel durch fehlende Lebensräume sind aktuelle Bedrohungen für die Tierart. Raufußkäuze ernähren sich hauptsächlich von Kleinnagern wie der Rötel- oder Wühlmaus sowie von kleineren Vögeln. In Bayern ist der Raufußkauz meist regional verbreitet. In Südbayern ist er weitgehend in den Alpen und auch rund um München zu finden. Nördlich der Donau konzentrieren sich die Nachweise über Individuen und Paare bisher auf die Mittelgebirgslagen vom Frankenwald bis Bayerischen Wald, Odenwald bis Rhön, Steigerwald, Hassberge und Frankenalb“, so Zehrer abschließend.