Eine Verhaltensstudie untersuchte wie sich die Umgebungsgestaltung auf das Verhalten und die Raumnutzung der Tiere auswirkt.
Eine Verhaltensstudie untersuchte bei den Weissschwanz-Stachelschweinen im Tierpark Hellabrunn wie sich die Umgebungsgestaltung auf das Verhalten und die Raumnutzung der Tiere auswirkt. Das gemeinschaftliche Wissenschaftsprojekt verschiedener Zoos und Universitäten wird dazu beitragen, die Auswirkungen von Umweltfaktoren zu verstehen und die Lebensraum Gestaltung zu optimieren um das Wohlergehen dieser faszinierenden Tierart zu fördern.
Wer in den letzten Wochen im Tierpark Hellabrunn unterwegs war, konnte bei den Weissschwanz-Stachelschweinen feststellen, dass sich zusätzliche Rückzugsmöglichkeiten, wie Blechhütten, oder neue Beschäftigungsobjekte wie Geweihe oder Dufthölzer auf der Anlage befanden. Die Weissschwanz-Stachelschweine konnten während der wissenschaftlichen Beobachtungphase die unterschiedlichen Objekte kennenlernen und damit interagieren. Die Beobachtungen zum Verhalten sind eine gemeinsame wissenschaftliche Untersuchung der Universität Bielefeld, Universität Münster und des Zoo Zürich und werden vom Verband der Zoologischen Gärten gefördert.
Das Forschungsprojekt gehört zu einer Studie zum Thema „Verhalten und Tierwohl von verschiedenen Arten von Kleinsäugern“. Biologe Arne Kalinowski hat für seine Beobachtungen die Weissschwanz-Stachelschweine gewählt, weil sie sich in Hellabrunn aufgrund der Gruppengröße und Lebensweise gut beobachten lassen: „Die Neugier der Tiere macht sie meines Erachtens nach sehr empfänglich für verschiedene Tierbeschäftigungen. Ich konnte auf Grundlage ihrer normalen Verhaltensweisen untersuchen, inwiefern sich verschiedene Faktoren auf das Verhalten der Tiere als Indikator für ihr Wohlergehen auswirken. Die meisten meiner Angebote wurden von den Tieren ausgiebig genutzt, besonders die Hütten und das Futterenrichment.“
Über sechs Wochen hinweg wurden den Tieren täglich unterschiedlich platzierte Kombinationen von Beschäftigungsmöglichkeiten angeboten und beobachtet, wie lange sich Einzeltiere oder die Gruppe damit beschäftigen. Neben den Beobachtungen kam Arne Kalinowski auch oft ins Gespräch mit Tierpark-Gästen und konnte einen hartnäckigen Irrglauben richtigstellen: „Ich war erstaunt, wie oft Besucherinnen und Besucher dachten, dass Stachelschweine ihre Stacheln bei Gefahr „abschießen“ könnten. Das tun sie definitiv nicht, viel mehr rascheln sie bei Gefahr mit den Stacheln oder laufen rückwärts mit aufgestelltem Stachelkleid in Richtung potenzieller Fressfeinde. Stacheln abschießen können sie nicht“, erklärt er.
Forschung und Wissenschaft in modernen Zoos
Das kontinuierliche Sammeln von Daten über den Tierbestand gehört zum Grundverständnis wissenschaftlich arbeitender Zoos. Hanspeter Steinmetz, stv. Zoologischer Leiter, Tierarzt und zuständig für die Forschungsprojekte des Tierparks begrüßt die gemeinschaftliche und geförderte Studie: „Mithilfe von akademischen Studien leisten wir als wissenschaftlich geführter Zoo einen wichtigen Beitrag zu Fragen rund um die moderne Wildtierpflege. Vor allem die tägliche Beschäftigung ist ein Hauptbestandteil der Tierpflege – da sind neue Erkenntnisse zur Nutzung von unbekannten Beschäftigungselementen und wie sich diese auf die Aktivität und die Raumnutzung auswirken von immenser Wichtigkeit. Dank der Kooperationen mit anderen Zoos können Erkenntnisse innerhalb der Zoos geteilt und wissenschaftliche Partnerschaften etabliert werden“, führt er weiter aus.
Auch Rasem Baban, Tierparkdirektor begrüßt die aktuelle Forschungsstudie: „Diese wissenschaftlichen Erkenntnisse können wir für die tiergerechte Gestaltung der Lebensräume nutzen und zusätzlich sind sie für den Fortschritt in der Zooarchitektur wegweisend. Moderne zoologische Organisationen spielen eine wichtige Rolle in der Arterhaltung, Bildung und Forschung und profitieren entscheidend von gemeinsam nutzbaren Forschungsergebnissen. Die Daten aus den aktuellen Untersuchungen werden eine wichtige Unterstützung für andere zoologische Einrichtungen und ermöglichen neben dem Zugriff auf Informationen auch Querverbindungen zu noch tiergerechteren Anlagengestaltungen“, so Baban abschließend.