
Im Frühjahr 2024 gab es nach acht Jahren wieder Luchsnachwuchs im Münchner Tierpark. Während die drei Jungtiere noch in Hellabrunn leben, ging die Reise für Vater Rems bereits Anfang des Jahres weiter nach Aalborg. Hintergrund sind mittelfristige Veränderungen bei der Luchs-Haltung in Hellabrunn.
„Neue Erkenntnisse zur Genetik und zur Verbreitung von Unterarten des Luchses in Europa haben ergeben, dass die im Alpenraum und den deutschen Mittelgebirgen heimische Unterart der Karpatenluchs ist“, erklärt der in Hellabrunn für Luchse zuständige Kurator Dr. Eric Diener. Der Name geht auf das Gebirge im Osten Europas zurück, das lange das letzte Refugium für diese Unterart war.
In Hellabrunn werden schon seit Jahrzehnten Luchse gehalten, die zu den Nordluchsen gehören, deren natürliche Verbreitung in Großbritannien, Skandinavien und dem Baltikum liegt. Die Auswilderungsprojekte in Mitteleuropa werden von der Expertengruppe „Linking Lynx“ koordiniert. Diese Auswilderungen werden gemäß der natürlichen Verbreitung mit Karpatenluchsen durchgeführt, die in Wildparks und Zoologischen Gärten geboren wurden. „Damit auch Hellabrunn sich zukünftig als wissenschaftlich geführter Zoo sowohl an Ex-situ- als auch an In-situ-Artenschutz-Programmen für Luchse beteiligen kann, werden in Hellabrunn mittelfristig Karpatenluchse einziehen und mit ihrem Nachwuchs die Auswilderungsprojekte unterstützen“, so Diener weiter. Beim kürzlich durchgeführten Gesundheitscheck der Jungtiere hat sich herausgestellt, dass es sich beim Nachwuchs der Luchse entgegen der ersten Annahme um drei weibliche Tiere handelt. Dr. Eric Diener dazu: „Das ist tatsächlich nicht ganz ungewöhnlich, da die Geschlechtsbestimmung bei ganz jungen Luchsen auch für erfahrene Tierärzte nicht ganz einfach ist“. Die Entscheidung darüber, wann Luchs Mia und ihre Jungtiere den Tierpark verlassen und die andere Unterart nach München zieht, wird zwischen dem Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP) für Luchse und den Kuratoren abgestimmt.
„Hellabrunn leistet einen bedeutenden Beitrag zum globalen Artenschutz. Als Stadt München unterstützen wir diesen Einsatz, indem wir die Verantwortung für den Erhalt der Artenvielfalt aktiv mittragen und das Bewusstsein der Bevölkerung stärken“, betont Verena Dietl, Bürgermeisterin und Aufsichtsratsvorsitzende. Rasem Baban, der Direktor des Tierparks, ergänzt: „Moderne Zoos sind heute weit mehr als Orte der Tierbeobachtung – sie sind zentrale Akteure im Artenschutz. Mit gezielten Zuchtprogrammen und Forschungsprojekten tragen wir maßgeblich zum Erhalt bedrohter Arten bei.“
Der Eurasische oder Europäische Luchs ist neben der Europäischen Wildkatze die einzige heimische und zudem größte Katze Europas (nur im Kaukasus gibt es noch eine Handvoll überlebender Leoparden). In der Roten Liste der Tiere und Pflanzen Deutschlands wird der Luchs in der Kategorie 1 geführt, und gilt damit als vom Aussterben bedroht. In den meisten Regionen Mitteleuropas wurden sie bereits im 19. Jahrhundert systematisch ausgerottet. Aufgrund seiner hohen ökologischen Bedeutung als großer Beutegreifer, der die Bestände von Rehen und kleineren Fleischfressern wie Füchsen reguliert, wurden mehrere Auswilderungsprojekte begonnen. Dank dieser Wiederansiedlungen gibt es heute wieder etwa 200 Luchse in Deutschland, insbesondere im Bayerischen Wald, Pfälzer Wald und Harz.
